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Mein systemischer Ansatz der Paarberatung

Von Hans Jellouschek - eine Art Gründungsvater der Paartherapie im deutschsprachigen Raum - habe ich gelernt, die Muster, die sich in einer Paarbeziehung herausgebildet haben, auf vier Ebenen miteinander anzuschauen:


1. Auf der Ebene, wie Sie aktuell miteinander umgehen, sprechen, im Austausch sind und aufeinander einwirken:

Hier wird und darf sich das Leidvolle zeigen, das Sie zu mir geführt haben mag. Und hier darf es und wird es auch zu neuen und überraschenden Wahrnehmungen und Beobachtungen kommen: worum es vielleicht noch oder sogar vielmehr gehen und was Sie sehr konkret und praktisch in Ihrem Miteinander mehr verbinden, stärken und beleben könnte, als es Ihnen bislang bewusst war …


2. Auf der Ebene, wie Sie Ihr Zusammenleben organisiert haben:

Hier schauen wir sehr konkret und praktisch auf Orte, Räume, Zeiten, Aufgaben, Vereinbarungen, und Zuständigkeiten, in denen Sie sich als Paar bewegen. Wenn Sie als Paar Familie leben, betrachten wir die Auswirkungen der Partnerschaft in der Familie – und umgekehrt. Welche Bedeutung haben Beruf, Interessen und Projekte, Freizeitgestaltung, Freundschaften, Beziehungsnetzwerke … für Ihre Partnerschaft – und umgekehrt.


3. Auf der Ebene der Geschichte Ihrer Beziehung und als Paar:

Hier schauen wir darauf, wie Sie sich kennengelernt haben, auf Verbindendes und Trennendes in ihrer gemeinsamen Entwicklung, auf Ihre je eigene und gemeinsame Sexualität, auf Hoch-Zeiten, Brachland-Zeiten, Krisen und darauf, wie Sie diese bisher gemeistert haben. Und wir versuchen in alldem zu rekonstruieren, was Sie einander einmal – ausdrücklich oder unausdrücklich, bewusst oder unbewusst – versprochen und worauf Sie sich bislang verlassen haben und was nun vielleicht gerade in Frage steht.


4. Auf der Ebene Ihrer individuellen Herkunfts- und Lebensgeschichten:

Hier rekonstruieren wir die prägenden Beziehungs- und Bindungserfahrungen, die jede/r von Ihnen gemacht hat. Die Rollen, die Sie in Ihren jeweiligen Herkunftsfamilien innehatten, und die Aufträge, die sie dort bekommen haben und vielleicht noch heute mit sich tragen. Wir schauen darauf, wie Sie die Paarbeziehungen ihrer jeweiligen Eltern erlebt haben. Auf Ihre Erfahrungen mit Abhängigkeit und Autonomie und auf die Art und Weise, wie Sie sich aus Ihren Herkunftsfamilien herausgelöst haben. Wir schauen auf erste und weitere bedeutsame Paarbeziehungen. Auf die Entwicklung der je eigenen Sexualität. Auf die Entwicklung Ihrer individuellen Erwartungen, Vorlieben und Leidenschaften sowie auf Verletzungen, Krisen und mögliche traumatische Erfahrungen. Und nicht zuletzt darauf, wie Sie diese bisher gemeistert haben. Auf das Gewebe, das sie erleben, wenn Sie „Ich“ oder „Mein Leben“ sagen, auf Ihre je eigene Identität und Lebenszufriedenheit …




Da mein therapeutisches Schwerpunktverfahren die Pesso-Therapie nach PBSP ist, ...


... kommt sie auch in Paarberatungen und -therapien zum Tragen, indem wir uns auf allen vier Ebenen besonders anschauen werden, wie gut Ihre Grundbedürfnisse nach Platz, Nahrung, Unterstützung, Schutz und Grenzen befriedigt sind: Welche Auswirkungen haben mögliche Mangelerfahrungen in diesen Bereichen auf Ihre Paarbeziehung? Wie haben Sie in Ihrem Miteinander bislang versucht, darin einen Ausgleich zu schaffen? In welche Rollen haben Sie einander bewusst oder unbewusst damit gebracht und wie hat sich die Qualität Ihrer Paarbeziehung dadurch mit der Zeit verändert? Welche Bedürfnisse hätten zu einer anderen Zeit und durch eine andere Person befriedigt werden müssen als hier und heute durch den Partner oder die Partnerin? Und wie verändert sich Ihre Paarbeziehung, wenn sie von diesen Erwartungen entlastet wird, indem Sie als Einzelperson neue Erinnerungen kreieren, die es Ihnen möglich machen, bestimmte Bedürfnisse an die Figuren zu adressieren, an die sie eigentlich einmal gerichtet waren - und nicht mehr an Ihren Partner oder Ihre Partnerin? Und welche Möglichkeiten kann es geben, sich gegenseitig in Ihrer Partnerschaft in der Befriedigung dieser frühen Bedürfnisse und in der Heilung dieser Mangelerfahrungen und Verletzungen zu unterstützen, ohne den Partner oder die Partnerin dafür verantwortlich zu machen, einander und ihre Beziehung zu überfordern. In diesem Sinne hat es sich sehr bewährt, wenn Partnerinnen und Partner einander gegenseitig in Sequenzen von Einzelarbeit nach PBSP erleben können.


Aber auch in der Paarberatung gilt im Hinblick auf Zugänge und Methoden:


Wo lebensgeschichtliche Verwicklungen und Defizite für die aktuellen Schwierigkeiten in der Partnerschaft vielleicht weniger bedeutsam sind oder Sie die Arbeit mit PBSP als für sich persönlich weniger passend erleben, steht mir ein breites Repertoire an weiteren Möglichkeiten zur Verfügung, um Sie auch alternativ zu unterstützen. Sei es insgesamt in Ihrem Prozess oder nur zu bestimmten Themen oder in einzelnen Phasen. Es handelt sich dabei um system- und familien- sowie um körper- und traumatherapeutische Zugänge. Wir arbeiten nicht nur im Gespräch sondern auch mit Aufstellungen und Strukturen sowie im analogen Gestalten mit kreativen Methoden. Gerade in der Paarberatung ist es mir wichtig, dass Sie einander körperlich und emotional erleben lassen, wie es um sie und den jeweils anderen, wie es um Ihr eigenes und um sein bzw. ihr Bild von Ihrer Beziehung steht. Und nicht zuletzt sollen Sie die Möglichkeit haben, Lösungsbilder und -ideen ansichtig, berühr-, spür- und fühlbar werden zu lassen und mit ihnen zu experimentieren.


Denn darum wird es nach meinem Verständnis in der Paarberatung letztlich gehen:


Dass Sie mit Sinnlichkeit, Sinn und Verstand einander und ihre Beziehung neu sehen und verstehen lernen. Und „neu“ heißt nach meinem Verständnis: wirk-licher, also in dem, was tatsächlich wirkt – in Ihnen selbst, in der oder in dem anderen und in ihrem Miteinander. Dass Sie neu zu sehen und zu verstehen lernen - diesseits und jenseits von eingeschliffenen Vorstellungen und Bildern. Diesseits: um realistischer, nüchterner und gelöster miteinander umgehen zu lernen. Jenseits: um mutiger, kreativer und lebendiger miteinander umgehen zu lernen. Und es wird darum gehen, in diesem Sinne wach, bewusst und frei, neue Vereinbarungen miteinander zu treffen (vielleicht sogar einen neuen Vertrag miteinander zu schließen …), die in ihrer Paarbeziehung eine neue Balance für Sie beide ermöglichen. Ganz praktisch, konkret und alltagsbezogen!



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